Im Nordosten Georgiens – zwischen Schwarzem Meer, Türkei und Russland – liegt eine der wildesten Bergregionen Europas. Wehrtürmdörfer, Gesänge, Hochgebirgspässe – rau, vielfältig, kaum touristisch erschlossen.
Tuschetien – Uralte Wege, lebendige Hirtenkultur
Tuschetien (georg. Tusheti) ist eine der ursprünglichsten Regionen des Großen Kaukasus. Es liegt in rund 2.000–3.000 m Höhe, grenzt direkt an Dagestan und Tschetschenien und war über Jahrhunderte nur saisonal besiedelt. Der Zugang erfolgt über den berüchtigten Abano-Pass (2.850 m), eine der höchsten unbefestigten Straßen Europas, die nur in den Sommermonaten befahrbar ist.
Tuschetien ist heute Teil des geschützten Tusheti-Nationalparks (UNESCO-Biosphärenreservat) und ein Rückzugsort traditioneller transhumant lebender Hirten. Die meisten Dörfer wie Dartlo, Chesho oder Parsma bestehen aus typischen Steinhäusern mit Wehrtürmen, geschnitzten Holzbalkonen und zoroastrisch-christlichen Ritualplätzen. Viele Bräuche, darunter auch Opferfeste und polyphone Lieder, werden nur noch hier gepflegt.
🎒 Fun Facts Tuschetien
Khevsureti – Wehrdörfer, Geisterglaube & schroffe Schluchten
Hinter dem Atsunta-Pass (3.532 m) erreicht man die Region Khevsureti – eine ebenso abgelegene, aber kulturell deutlich eigenständige Gegend. Die Khevsuren gelten als Nachfahren kriegerischer Hochlandstämme. Bis ins 20. Jahrhundert hielten sie an vorchristlichen Ritualen fest: darunter Tieropfer, Tabuzonen (z. B. sogenannte „heiliger Boden“) und eine starke dualistische Mythologie aus Gut-Böse, rein-unrein, sichtbar-unsichtbar.
Berühmte Orte wie Shatili oder Mutso bestehen aus wehrhaften, mehrstöckigen Turmdörfern aus Schiefergestein, die teils seit Jahrhunderten ununterbrochen bewohnt oder als Rückzugsorte genutzt wurden.
🎒 Fun Facts Khevsureti
Ausführliche Tourbeschreibung

Etappe: Omalo – Oreti See – Omalo
Länge: ca. 18 km (Hin- und Rückweg) | Höchster Punkt: ca. 2.650 m | Kategorie: moderat – mit stetigem Anstieg
Diese Etappe führt als Tageswanderung von Omalo zum malerisch gelegenen Oreti-See, der auf etwa 2.650 m Höhe inmitten des geschützten Tuscheti-Nationalparks liegt. Der Weg beginnt in Kvemo Omalo beim Besucherzentrum und folgt zunächst einer Jeep-Piste in Richtung des abgelegenen Dorfes Kumelaurta. Ab dort geht es auf einem gut sichtbaren, aber teils steilen Fußweg weiter bergauf zum See.
Der Oreti-See wird durch kleine Bergbäche gespeist, hat einen unterirdischen Abfluss und friert im Winter komplett zu – was ihn für Fische unbewohnbar macht. Das klare, kalte Wasser spiegelt die umliegenden Hügel wider und bietet – besonders bei gutem Wetter – beeindruckende Rundblicke auf nahezu ganz Tuschetien.
Auch Spuren von Wild wie Rehen, Hirschen oder Bären sind keine Seltenheit. Wer sich für georgische Kultur interessiert, erfährt vor Ort mehr über das frühere Ritualfest „Oretoba“, das einst am See gefeiert wurde.
Die Wanderung ist technisch nicht schwierig, erfordert aber Trittsicherheit und eine gute Grundkondition. Je nach Tempo und Pausen ist mit 6–8 Stunden Gehzeit zu rechnen.

Etappe: Omalo – Dartlo – Chescho – Parsma
Länge: ca. 15 km | Höchster Punkt: 2.100 m | Kategorie: moderat
Wir starten unsere Wanderung in Zemo Omalo, dem Hauptdorf Tuschetiens. Von hier aus führt ein gut begehbarer Pfad durch dichte Wälder und üppige Wiesen Richtung Dartlo. Das malerische Dorf mit seinen charakteristischen Wehrtürmen gilt als UNESCO-Weltkulturerbe und lädt zu einer kurzen Pause ein.
Weiter geht es entlang eines sanften Tals, vorbei an Chescho, bis wir Parsma erreichen. Der Weg folgt dem Flusslauf, mit leichten Auf- und Abstiegen, und bietet immer wieder weite Blicke in die Landschaft. In Parsma angekommen, erkunden wir die alten Burgruinen und das dörfliche Leben. Übernachtung Parsma.

Etappe: Parsma – Girevi – Chontio – Kvakhidi
Länge: ca. 14 km | Höchster Punkt: 2.600 m | Kategorie: moderat
Wir folgen dem Alazani-Fluss weiter ins Hochtal hinein. Der Weg ist technisch einfach, aber langgezogen, und wird gelegentlich von Flüssen durchquert. In Girevi passieren wir das letzte bewohnte Dorf vor der Grenze, danach kontrollieren wir unsere Pässe an der Grenzstation.
Ab hier wird es einsamer: Die Landschaft weitet sich, der Weg führt uns an Chontio vorbei bis in das abgeschiedene Kvakhidi-Tal. Der letzte Abschnitt verlangt etwas Ausdauer, lohnt sich aber durchzuwandern.

Etappe: Kvakhidi – Kalmikas See
Länge: ca. 10 km | Höchster Punkt: 2.900 m | Kategorie: moderat
Ein Tag zur freien Gestaltung: Wir wandern bis zum Fuss des Atsunta Passes, Zelten dort das Gepäck im Camp und machen uns auf den Weg zum Kalmikas See. Der Aufstieg ist steil, aber gut machbar. Oben angekommen – ein stiller, klarer Bergsee, eingerahmt von Felsen und Wind.
Hier bleibt Raum für Baden, Musizieren, Innehalten. Der Abstieg erfolgt auf demselben Weg. Zurück im Lager verbringen wir den Abend in Ruhe oder mit Klang.

Etappe: Kalmikas See – Atsunta-Pass – Ardoti
Länge: ca. 18 km | Höchster Punkt: 3.522 m | Kategorie: anspruchsvoll
Die Etappe gilt als die anstrengendste der gesamten Route – vor allem wegen des steilen Aufstiegs zum Atsunta-Pass. Frühmorgens brechen wir aus dem Fuss des Passes auf.
Nach einer Flussüberquerung beginnt der Aufstieg zum Atsunta-Pass (3.532 m) – dem höchsten Punkt unserer Reise. Der Weg ist steil, zieht sich über einige Kilometer, und ist körperlich fordernd. Oben angekommen, erwartet uns ein atemberaubender Ausblick auf das Grenzgebirge zwischen Tuschetien und Chewsuretien – und eine kurze Rast, um durchzuatmen und anzukommen.
Der anschließende Abstieg führt uns zunächst steil hinunter zum Atsunta-Zeltplatz, wo wir kurz verschnaufen. Von dort an wird das Gelände wieder sanfter – wir wandern in weitem Bogen bergab ins Tal von Khidotani. Diese letzten 6 km sind ein Geschenk: weitläufige Ausblicke, Stille, kraftvolle Natur. Hier beginnt wieder Raum für Musik, Stimme und gemeinsames Gehen im eigenen Rhythmus.
Kurz vor unserem Tagesziel treffen wir auf einen Grenzposten – wir zeigen unsere Pässe und die Genehmigung, bevor es weitergeht zum Camp. In Khidotani erwartet uns ein kleines Café mit warmen Speisen (Khachapuri, Suppe) – für viele das erste warme Essen seit Tagen.
In jedem Fall ist dies ein Tag, der Grenzen verschiebt, belohnt und verwandelt.
Wir wandern runter über Bakhao bis hin zu Ardoti Tal und übernachten dort.

Etappe: Ardoti – Mutso – Shatili
Länge: ca. 16 km | Höchster Punkt: ca. 2.100 m | Kategorie: mittel – technisch einfach
Diese letzte Etappe führt uns von Ardoti durch das abgeschiedene Andaki-Tal bis nach Shatili, einem der bekanntesten Wehrtürme-Dörfer Georgiens. Der Weg beginnt mit einem ruhigen Abschnitt entlang des Flusses und steigt dann leicht an bis zum spektakulär gelegenen Felsendorf Mutso.
Mutso thront wie eine Festung auf einem Bergrücken und wurde in den letzten Jahren behutsam restauriert. Es gilt als einer der geheimnisvollsten Orte Georgiens – umgeben von Mythen, Geschichten und dem Blick auf tiefe Schluchten. Wer mag, kann durch die alten Wehrtürme steigen oder sich einen stillen Platz zum Innehalten suchen.
Nach der Pause fahren wir weiter talabwärts Richtung Shatili. Die Landschaft wird weiter, das Tal öffnet sich. Die berühmten Festungshäuser von Shatili ergeben ein architektonisches Ensemble aus Wehrtürmen und Wohnhäusern, das jahrhundertelang Schutz vor Feinden bot. Abends erwartet uns ein gemeinsames Essen in Shatili.
Wir übernachten in Shatili.

Etappe: Fahrt Shatili - Roshka - Wanderung zu den Abudelaurebi Seen - Fahrt nach Tiflis
Länge (Wanderung): ca. 10 km (hin und zurück) | Höchster Punkt: ca. 2.800 m | Kategorie: moderat – kurze, aber alpine Tageswanderung
Am Morgen verlassen wir Shatili per Geländewagen über eine spektakuläre Route: Der Weg führt über den Datvisjvari-Pass (2.676 m) – einer der höchsten befahrbaren Straßenpässe Georgiens – und hinab ins Khevi-Tal, Richtung Roshka im abgelegenen Aragvi-Gebiet.
Dort starten wir unsere Tageswanderung: Ziel sind die drei legendären Abudelauri-Seen – grün, blau und weiß – umgeben von bizarren Felsformationen und den schroffen Spitzen des Chiukhebi-Massivs.
Der Aufstieg beginnt auf einem gut erkennbaren Pfad, führt über Wiesen, Steinfelder und Gletscherbäche. Je nach Witterung kann der Weg rutschig oder feucht sein, Trittsicherheit ist erforderlich. Die Szenerie wechselt zwischen alpiner Kargheit und grüner Hochebene – ein seltener Naturraum mit starker, archaischer Präsenz.
An den Seen angekommen, ist Zeit zum Innehalten: Für Gesang, Klang, ein Bad im eiskalten Wasser – oder einfach für Stille.
Am Nachmittag Rückweg nach Roshka.
Diese Etappe verbindet landschaftliche Dramatik, mythische Elemente und einen letzten kraftvollen Naturmoment, bevor wir langsam Richtung Zivilisation zurückkehren. Ein würdiger Abschluss einer Reise, die weit über das Wandern hinausgeht.